Buddha sitzend mit Blumen im Schoß
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Einführung

Meditation & Achtsamkeit: Was sie bewirken können

Meditation, ein Begriff der vermehrt auch jenseits der spirituellen Community an Bedeutung gewonnen hat. Dabei ist nicht gemeinhin klar, worum es dabei nun eigentlich geht. So denken die einen, es handle sich um „so ein esoterisches Zeug“. Auf der anderen Seite hält die Meditationspraxis sowie -forschung schon seit längerem Einzug in Psychologie, Neurologie, Medizin und Arbeitswelt. Sie ist für manche zu einer Art „Lebensform“ bzw. täglicher Begleitung geworden. In vielen Kulturen und Religionen ist sie seit Jahrhunderten bis zu Jahrtausenden ein fester Bestandteil der spirituellen Praxis. Auch in Schriften über das mittelalterliche Christentum findet sie in Form der geistlichen Übungen „meditatio“, gleich gegenstandfreie Anschauung, Erwähnung. Sogar Streaming Plattformen widmen sich dem Thema: Auf Netflix gibt es eine Serie der digitalen Meditations-App Headspace: „Headspace – eine Meditationsanleitung“.

Warum Meditation?

Frau meditiert
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In meinem Artikel „Von Glaubenssätzen oder: Tyrannen im Kopf“ habe ich ausgeführt, wie sehr unser stets plappernder Geist, im buddhistischer so schön „Monkey Mind“ genannt, uns an die Grenze des Wahnsinns treiben kann. Wir scheinen seinen ständigen Einflüsterungen ausgeliefert. Diese sind uns zum Teil so nah, dass wir sie als unsere Wahrheit annehmen und nicht von eigenen, bewussten Gedankengängen unterscheiden können. Hier kann Meditation ein Schlüssel sein – zumindest für mich war es so. Sie ist eine Achtsamkeitstechnik, durch die uns das ständige Aufkommend neuer Gedanken mehr und mehr gewahr wird. Wir lernen Schritt für Schritt unsere Aufmerksamkeit von ihnen abzuziehen und somit bewusst zu lenken. Es entsteht ein Moment der wohltuenden Stille in und mit uns. Anfangs überdauert er vielleicht nur wenige Sekunden und schon zieht der nächste Gedanke unsere Aufmerksamkeit auf sich. Mit der Zeit jedoch weitet sich dieser Zeitraum aus – was für ein Geschenk in unserer sonst so lauten Welt mit all ihrer Synchronizität. Wir sind präsent in diesem einen Moment und kommen zu einem neuen Bewusstsein unser Selbst.
Es besteht der Irrglaube über das Ziel der Meditation, dass uns während der Praxis gar keine Gedanken mehr durch den Kopf gehen. Diesem bin auch ich anfangs unterlegen bzw. ich dachte, dass es darum geht. Das ruft entsprechend gern unseren „alter Geist“ auf den Plan: Wenn ich das nicht schaffe, mache ich wieder etwas falsch …! Du „kannst“ nicht meditieren. Sehr wichtig: Es ist schlichtweg unmöglich gedankenleer zu sein – bis vielleicht auf einzelne Ausnahmen und/oder Momente bei Menschen, die ihr Leben vollkommen der spirituellen Praxis und Erfahrung widmen. Unser Gehirn ist dafür nicht konstruiert. Also, durchatmen und einen neuen Anlauf wagen: Ein neuer Gedanke kommt auf, ich nehme ihn ohne Bewertung war und lasse ihn wieder ziehen.

Wenn die Praxis fortschreitet

Die zunehmende Praxis kann zum neuen Bewusstsein darüber führen, dass es sich bei jedem unserer Gedanken immer nur um einen möglichen Blickwinkel von vielen handelt. Diesen können wir annehmen oder loslassen. So ist es auch möglich zu einer neuen Wahrnehmung bezüglich eigener Grübeleien, Ängste, Gefühle und alter Überzeugungen zu gelangen: Auch sie sind nur Möglichkeiten, keine „Wahrheit“. Stück für Stück finden wir zu ihnen einen gewissen Abstand, lernen sie mehr „von außen“ zu betrachten und können sie so in Frage stellen. Diese Achtsamkeit mit uns und unseren Gedanken findet mit der Zeit mehr und mehr Einzug in unseren Alltag. Plötzlich sitzen WIR am Steuer.

Achtsamkeit macht glücklich?

Woman with red Flower around her Head smiles
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Eine für mich zusätzlich sehr grundlegende und bereichernde Erfahrung habe ich vor wenigen Wochen während meines Aufenthalts auf Norderney gemacht. Dem vorausschicken muss ich, dass ich zu der Zeit an einem MBSR Kurs teilgenommen habe und eines der Kurs“versprechen“ fand ich recht absurd: Sie werden danach glücklicher sein. Aha, nach acht Wochen regelmäßiger Meditation und Achtsamkeitstraining soll das so sein. Hm?! Was durch den Kurs wirklich zum ersten Mal gefühlt in mir ankam war, was Gewahrsein und mit mir im gegenwärtigen Moment sein wirklich bedeutet. Was ist geschehen? Während meiner stundenlangen Strandspaziergänge fiel mir irgendwann auf, dass ich immer wieder urplötzlich missgelaunt oder traurig war, darüber grübelte, was mir jetzt ohne Agentur alles Negatives widerfahren könnte etc. Ich schaute mich um und mir wurde bewusst, wo ich gerade war: am Meer, die Sonne schien und der Wind fegte mir um die Ohren. Ich hatte mich endlich getraut, den Schritt raus zu wagen, hatte genug Geld, um eine Zeit auszusteigen, auf der Insel in mein Lieblingscafé zu gehen und und und. War das ein Grund so deprimiert zu sein? Okay, wie es finanziell für mich weiter gehen würde wusste ich nicht, aber in diesem Moment war ich von so viel Schönheit und Fülle umgeben. Wäre es nicht jammerschade, all das nicht wirklich zu registrieren, zu genießen, Kraft daraus zu ziehen? Da entschied ich mich, die Insel zu meinem Meditationskissen zu machen – neudeutsch: Ich unterzog mich einer Challenge. Den Rest meines Aufenthalts lenkte ich meine Aufmerksamkeit so gut wie möglich auf all das, was mich hier und im jeweiligen Moment an Wundervollem und Großzügigem umgab. Kamen schwierige Gedanken auf, nahm ich sie wahr, schaute ob ich sie gerade lösen konnte oder musste, sie überhaupt noch aktuell waren und ließ sie ggfs. ziehen. Mit der Zeit erfüllte mich immer mehr eine überschäumende Freude, Leichtigkeit und zugleich Ruhe, wie ich sie vorher noch nie erlebt hatte. Ich musste an das Kursversprechen denken: Es stimmte. Durch mein wachsendes Gewahrsein für den aktuellen Moment, die zunehmende Fähigkeit mir meiner Gedanken bewusst zu sein und sie zu lenken, war ich sowohl all den alten Ängsten und Grübeleien der Vergangenheit als auch denen in Bezug auf meine Zukunft weniger ausgeliefert. Selbstverständlich haben wir alle im Hier und Jetzt immer einmal wieder schwierige Momente, ja sogar große Probleme, die sind aber eher die Ausnahme. Unser Alltag ist „neutraler“, ungefährlicher als unser Monkey Mind uns immer vormachen will. Wenn wir den Blick für all die Geschenke, die uns umgeben, öffnen, birgt er permanent kleine und große Freuden. Unser Gehirn ist auf Überleben ausgelegt, uns zu beschützen. So hält es stets Ausschau nach Gefahren, überinterpretiert Wahrgenommenes, verknüpft es mit Vergangenem. Dem müssen wir gedanklich nun nicht mehr folgen. Selbstverständlich gibt reale Bedrohungen, Probleme, die wir lösen müssen, aber die Gedanken daran müssen wir nicht permanent in unserem Kopf hin und her wiegen.

Meditationsforschung

Ich weiß nicht wie es euch geht, aber ab und an braucht mein Gehirn „Fakten als Futter“.

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Die Meditationspraxis ist seit geraumer Zeit Gegenstand wissenschaftlicher Forschung unterschiedlicher Disziplinen wie Psychologie, Neurologie, Medizin etc. So ist deren Wirkung auf Psyche, Gehirn und seelische Gesundheit mittlerweile wissenschaftlich nachgewiesen. Zurückgegriffen wird dabei u.a. auf Bildgebungsverfahren (fMRT, CT), Hirnstrommessungen (EEG), Gewebeproben, psychologische Leistungstests, autodeskriptive Fragebögen und Interviews um objektive Befunde zu ermitteln. Konkrete Studien und Ergebnisse findest du im Netz. Anbei als Beispiele: Ausschnitte der Ergebnisse zweier Forschungsinstitute. Die Forschungsgruppe des Bender Institute of Neuroimaging rund um Dr. Ulrich Ott (Universität Gießen) fand heraus, dass schon durch die Teilnahme an einem achtwöchigen Achtsamkeitstraining messbare Veränderungen im Gehirn bewirkt werden. Laut Ott verändert sich durch die regelmäßige Praxis der Aufmerksamkeit im Hier und Jetzt langfristig die Architektur des Gehirns. Bereiche, die durch bestimmte Tätigkeiten mehr genutzt werden, wachsen und neue neurologische Verbindungen entstehen. Betroffen davon sind unter anderem Hirnstrukturen die für Gedächtnis, Selbstwahrnehmung, Empathie und Stressreaktionen zuständig sind.

Die Wissenschaftler der University of California fanden heraus, dass regelmäßige Praxis die Aktivität des Enzyms Telomerase positiv beeinflusst. Letzteres spielt eine grundlegende Rolle für die Gesundheit der Körperzellen.

UND? Wenn das alles keine Argumente sind, es selber einmal auszuprobieren?

Und los geht’s mit der Praxis, aber: Womit starte ich?

Der Einstieg in die Praxis kann verwirrend sein, da es unterschiedlichste Formen der Meditation gibt. Je nachdem ob du schon Erfahrung hast oder kompletter Anfänger bist, kannst du schauen, welche Form für den Moment die richtige für dich ist. Für mich gibt es zudem Situationen, in denen ich in Bewegung ganz zu mir komme, ein anderes Mal tut mir die Ruhe auf meinem Meditationskissen gut – experimentiere für dich, was DIR gut tut.

In meiner Artikelreihe „Formen der Meditation“ gehe ich ausführlicher auf unterschiedliche Möglichkeiten ein. Zusätzlich habe ich dir eine der Einstiegsmeditationen, den Bodyscan, für einen ersten Selbstversuch als Podcast vertont – hier zu hören (der Podcast folgt bis spätestens Ende Juli 2021). Viel Freude daran! Ich bin gespannt auf deine ersten Erfahrungen.

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